Glauben ist ein Lebensstil. Der Gedanke ist in Deutschland sehr fremd geworden, zeigt aber sehr schön auf wie elementar unterschiedlich die Vorstellungen sind wenn ich mit meinen Kommilitonen über den Glaube rede. Es sind zwei Welten die aufeinander knallen.
Wir sitzen in einem Seminar und reden über Schöpfungsmythologien. Mich nervt das ganze nur, weil das Thema schon tausend mal rauf und runter diskutiert habe. Wenn interessierts, ob Adam einen Bachnabel hatte?
Mein Sitznachbar (um die 30) hält zum ersten mal in seinem Leben Genesis 1 in den Händen. Zuerst halte ich das für einen Scherz, bis ich schnalle das das stimmt.
Aber es sind nicht nur Unterschiede was theologisches Wissen angeht die mir auffallen.
In Erziehungswissenschaften reden wir über Familienformen, Familienideale und die Familienrealität. Ich sitze neben einer befreundeten Christen und wir fühlen uns wie Fremdkörper. Wir haben beide Geschwister und Eltern die mit ihrem ersten Partner verheiratet sind. Fast kommt der Eindruck bei uns auf, als müssten wir uns dafür rechtfertigen.
In Beratungspsychologie wird eine gelernte Form der Gesprächsführung in einem Rollenspiel geübt. Meine Kommilitonen denken sich ein Beispiel in dem die 14 jährige Tochter einen 19 jährigen Freund hat. Die beiden wollen ihre Beziehung erste sexuelle Erfahrungen sammeln (ob es für den Jungen die ersten sind, bleibt unklar). Die Mutter unterstützt das, der Vater ist ganz gegen die Beziehung. Während ich mich noch Frage, ob Sex mit Minderjährigen nicht illegal ist (wird überhaupt nicht thematisiert), wird die Einstellung des Vaters als "altbacken" hingestellt.
Sind meinen Vorstellungen zu Ehe und Sexualität so ungewöhnlich?
Alle drei Beispiele haben sich in den letzten zwei Wochen abgespielt und ich könnte die Liste wohl noch um einiges verlängern. Dabei fühle ich mich wie ein Alien im eigenen Heimatland.
Der Graben der sich zwischen mir und meinem Umfeld auftut bekommt immer klarer Umrisse. Gleichzeitig bin ich doch zunehmend dankbar auf dieser Seite zu stehen. Hier ist einfach mehr Harmonie. Klar ist auch hier einiges kaputt, aber Wunden scheinen schneller zu heilen und man hilft sich durch schwere Zeiten.
Auf der anderen Seite begegnen mir immer viele sympathische Menschen von denen ich einige Freunde nennen darf. In meiner Vorstellung würden sie so gut auf meine Seite des Grabens passen und ich wünsche mir so sehr ihnen diese kleine, versteckte Subkultur zu zeigen in der ich lebe. Doch mir fehlen die Worte. Es scheint zu viel zu sein.
Als Christen wollen wir die Gesellschaft durchdringen. Auf kultureller Ebene (Musik, Arbeit, Politik, Umgangsformen) wird das vielleicht möglich sein. Doch die Sinnfrage wird immer zwischen der christlichen Szene und der übrigen Gesellschaft sein. Wobei der Mehrheit noch nicht mal klar zu sein scheint welche Bedeutung wir der Sache beimessen.
Freitag, 18. Mai 2012
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